Eine libertäre Partei inmitten des politischen Machtapparates des Staates, den es zu begrenzen gilt – macht das überhaupt Sinn? Viele werden diese Frage mit „Nein“ beantworten. Aber angenommen, eine libertäre Partei würde den steinigen Fußweg durch dorniges Gestrüpp Richtung Berlin nicht scheuen, auf welchen Politikfeldern könnte sie überhaupt reüssieren? Schauen wir uns das mal an.
Hier sind die zehn aktuell dominierenden Politikfelder in Deutschland (Stand Mai 2025). Die Definition der Meinungsführerschaft entspricht dabei meiner persönlichen Wahrnehmung, sie ist an dieser Stelle nicht empirisch fundiert.
- Wirtschaft & Steuern (Konjunkturschwäche, Unternehmensbesteuerung, Bürokratieabbau), Meinungsführerschaft: CDU/CSU
- Migration & Asylpolitik (Grenzkontrollen, Asylverfahren), Meinungsführerschaft: AfD
- Soziale Gerechtigkeit & Bürgergeld (Sozialleistungen, Armutsbekämpfung, Rentenreform), Meinungsführerschaft: Die Linke
- Klimapolitik & Energiepolitik (Energiewende, CO₂-Reduktion, erneuerbare Energien), Meinungsführerschaft: Die Grünen
- Verteidigung & Sicherheitspolitik (Bundeswehr, NATO, Verteidigungsausgaben), Meinungsführerschaft: CDU/CSU
- Gesundheitssystem & Pflege (Finanzierung der Krankenkassen, Pflegekräftemangel), Meinungsführerschaft: Die Grünen
- Bildung & Digitalisierung (Bildungsreformen, digitale Infrastruktur), Meinungsführerschaft: SPD
- Wohnungsbau & Mieten (Wohnraummangel, Mietpreisbremse, sozialer Wohnungsbau), Meinungsführerschaft: SPD
- Landwirtschaft & ländlicher Raum (Agrarsubventionen, Bürokratieabbau), Meinungsführerschaft: CDU/CSU
- Demokratieverständnis & Meinungsfreiheit (Parteiverbote, Meinungsfreiheit), Meinungsführerschaft: AfD
Gegenüber der CDU/CSU hat die AfD im liberalkonservativen Lager auf folgenden Feldern die Meinungsführerschaft:
- Migration & Asylpolitik
- Innere Sicherheit & Kriminalität
- Kritik an der EU & Souveränitätsfragen
- Klimapolitik & Energiewende
- Sozialpolitik & Bürgergeld
- Demokratieverständnis & Meinungsfreiheit
Politikfelder mit libertärem Potenzial
Politikfeld | Chancen für Libertäre | Begründung |
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Wirtschaft & Steuern | Hoch | Libertäre setzen auf eine vereinfachte Steuerstruktur und drastischen Bürokratieabbau. |
Datenschutz & Bürgerrechte | Hoch | Libertäre setzen konsequent auf individuelle Freiheit und sind gegen Überwachung. |
Digitalisierung & Innovation | Mittel bis Hoch | Forderung nach deregulierter, offener Digitalwirtschaft trifft Nerv junger, technikaffiner Bürger. |
Demokratie & Staatsreform | Mittel | Kritik an Parteienmacht und Staatswachstum ist anschlussfähig – aber schwer in Mehrheiten zu übersetzen. |
Was es braucht
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Glaubwürdige Protagonisten: Die Partei braucht charismatische Sprecher, die wirtschaftliche Kompetenz ausstrahlen.
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Krisen als Katalysator: In wirtschaftlichen Krisenphasen (Inflation, Rezession, hohe Staatsverschuldung) gewinnen libertäre Ideen oft an Attraktivität.
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Distanz zur Klientelpolitik: Wenn sich etablierte Parteien (z. B. CDU oder FDP) zu sehr an Konzernen oder Lobbygruppen orientieren, können libertäre Stimmen mit klaren, prinzipientreuen Konzepten überzeugen.
Entwurf eines libertären Strategiepapiers zur Wirtschafts- und Steuerpolitik
Strategiepapier: Libertäre Wirtschafts- und Steuerpolitik
Ziel:
Die Meinungsführerschaft im Politikfeld „Wirtschaft & Steuern“ erringen und libertäre Positionen als glaubwürdige, marktwirtschaftliche Alternative zu den etablierten Parteien etablieren.1. Leitbild
Wir treten für eine freiheitliche Wirtschaftsordnung ein, in der individuelle Leistung, private Eigentumsrechte und freiwilliger Tausch über staatliche Lenkung triumphieren. Der Staat soll auf Kernaufgaben reduziert werden und Bürger*innen müssen so viel wie möglich von ihrem erwirtschafteten Einkommen behalten dürfen.2. Kernforderungen
a) Steuerpolitik
- Abschaffung der Einkommenssteuer unterhalb eines Existenzminimums
- Einführung eines einfachen, pauschalen Einkommenssteuersatzes von max. 15 %
- Abschaffung der Erbschafts- und Vermögensteuer
- Abschaffung des Solidaritaetszuschlags
- Vereinfachung des Steuersystems auf max. 2 Steuerarten (Einkommen, Konsum)
b) Unternehmenspolitik
- Senkung der Körperschaftssteuer auf 10 %
- Volle Abschreibbarkeit von Investitionen im Anschaffungsjahr
- Aufhebung von Subventionen und selektiver Industriepolitik
- Abschaffung der IHK/Zwangsmitgliedschaften
c) Bürokratieabbau
- Ein-Jahres-Moratorium für neue Regulierungen
- „One in, two out“-Prinzip für neue Gesetze
- Digitalisierter, standardisierter Verwaltungsprozess für Unternehmensgründungen (48-Stunden-Ziel)
d) Staatsausgaben begrenzen
- Verfassungsfeste Ausgabenbremse mit automatischer Steuersenkung bei Überschüssen
- Auflösung von Förderinstrumenten, die keinen klaren Nutzen bringen
3. Narrative & Kommunikationsstrategie
a) Kernaussagen
- „Weniger Staat, mehr Zukunft.“
- „Behalte, was du verdienst.“
- „Unternehmer entlasten, nicht bestrafen.“
b) Zielgruppen
- Selbstständige, Freiberufler, KMU
- Facharbeiter & Leistungsträger
- Junge Gründer und Start-up-Community
c) Kanäle & Formate
- Infografiken über Steuerlast vs. Gegenleistung
- Fallbeispiele: „Was bleibt mir übrig, wenn…?“
- Social-Media-Kampagnen mit Fokus auf „Steuergerechtigkeit“
- Steuerrechner auf Website
4. Langfristiges Zielbild
Ein wettbewerbsfähiges Deutschland mit minimaler Steuerbelastung, hoher Eigenverantwortung, vitaler Start-up-Kultur und einem schlanken, effizienten Staat. Der Bürger ist nicht Untertan, sondern souveräner Akteur im Markt.
5. Umsetzung & Allianzen
- Aufbau eines Netzwerks mit Steuerberatern, Unternehmerverbänden, wirtschaftsliberalen Think Tanks
- Fachveranstaltungen und Themenabende mit Experten
- Enge Kooperation mit digitalen Wirtschaftsverbänden (z.B. Bitkom)
6. EU-kompatible Umsetzung
Um libertäre Wirtschaftsreformen innerhalb der europäischen Rechts- und Institutionenordnung durchzusetzen, bedarf es einer Kombination aus nationalem Reformwillen und europapolitischem Gestaltungsanspruch.
a) Nutzung nationaler Spielräume
- Umsetzung einer vereinfachten Einkommensteuer mit pauschalem Satz ist zulässig.
- Körperschaftssteuer kann autonom gesenkt werden.
- Subventionen, IHK-Zwangsbeiträge und Bürokratieabbau sind innerstaatlich gestaltbar.
b) Strategische Forderungen auf EU-Ebene
- Eintreten für Erhalt des Steuerwettbewerbs zwischen Mitgliedstaaten.
- Ablehnung harmonisierter Mindeststeuersätze auf Unternehmens- oder Konsumebene.
- Reform der EU-Agrarförderpolitik in Richtung Subsidiarität.
c) Allianzen und Einflussnahme
- Zusammenarbeit mit europäischen Partnerparteien in „Renew Europe“ oder der ID-Fraktion
- Aufbau eines libertären Netzwerks auf EU-Ebene
- Beteiligung an öffentlichen Konsultationen und Richtlinienprozessen
d) Souveränität wahren
- Klare Positionierung gegen eine weitere Zentralisierung wirtschafts- und steuerpolitischer Kompetenzen
- Verteidigung des Subsidiaritätsprinzips als Grundlage nationaler Handlungsfreiheit
Schlussfolgerung
Wenn Deutschland weiterhin innovativ und wohlhabend bleiben will, braucht es eine radikale Vereinfachung und Entlastung. Die libertäre Antwort lautet: Freiheit statt Förderung, Leistung statt Lenkung, Markt statt Macht.
(Mögliche Fehler oder Fehleinschätzungen seien mir bitte verziehen, ich bin kein Wirtschaftsfachmann, sondern ich beschäftige mich ausschließlich mit den politischen Implikationen der Ökonomie.)